Professionelles Auftreten bei Gehaltsverhandlungen
Fragen aus Coaching und Karriereberatung
Bei meinen Aktivitäten als beruflicher Coach sowie bei diversen Veranstaltungen, bei denen ich in der Laufbahnberatung aktiv bin, haben sich mit der Zeit bestimmte Themen herauskristallisiert, die immer wieder Fragen aufwerfen.
Ich stelle hier einige spannende Fragestellungen zusammen, die auch für die Besucher meiner Homepage von Interesse und von Nutzen sein könnten.
Frage:
Ich möchte gerne meinen Arbeitgeber wechseln. Seit nunmehr sieben Jahren bin ich in der bei einem Automotive Zulieferer tätig. Mit einem Wechsel verbunden ist auch die Hoffnung auf eine Gehaltssteigerung. Dennoch tue ich mich schwer, einen konkreten Betrag anzugeben. In vielen Stellenangeboten wird dies ja bereits mit der Einreichung der Unterlagen gefordert. Wie soll ich mich hier verhalten? Von Natur aus bin ich eher zurückhaltend. Das Thema liegt mir nicht. Bis auf eine turnusmäßige Gehaltsanpassung hat sich da in den letzten Jahren nicht viel getan. Wenn ich dann noch an das Vorstellungsgespräch denke, in dem ich vielleicht sogar noch das geforderte Gehalt verteidigen muss, zieht sich mir schon der Magen zusammen. Was können Sie mir zu einem professionellen Verhalten in dieser Angelegenheit raten?
Sehr geehrter Fragesteller,
ich kann Ihr Bauchgrummeln gut verstehen. Glauben Sie mir: Der Mehrheit der Bewerber geht es genauso. Meine Erfahrung zeigt, dass Ingenieuren das sich selbst Präsentieren und Vermarkten nicht unbedingt in die Wiege gelegt ist – so exzellent sie diese Fähigkeit bei ihren Projekten und Entwicklungen auch oft beherrschen.
Aus Ihrer Beschreibung folgere ich, dass in den sieben Jahren Ihrer Firmenzugehörigkeit vermutlich keine großen Gehaltssprünge für Sie drin waren. Ich finde Ihr Ansinnen absolut legitim: Sie möchten sich verändern und weiter entwickeln, was durchaus auch mit einer Gehaltssteigerung einhergehen kann und sollte. Es ist richtig, dass bereits in den Stellenausschreibungen häufig die Bitte nach Angabe einer Gehaltsvorstellung geäußert wird. Dieser Bitte nicht nachzukommen, ist für das suchende Unternehmen natürlich nicht sonderlich zufriedenstellend. Es nicht zu tun, kann also durchaus dazu führen, dass man gleich ein wenig aus dem Rahmen fällt, was nicht der beste Einstieg in den Bewerbungsprozess ist. Daher mein Ratschlag: Geben Sie wenn gewünscht hier eine erste Orientierungshilfe an. Tun Sie es nicht, wird es im Vorstellungsgespräch dadurch auch nicht einfacher, im Gegenteil.
Jetzt stellt sich natürlich die Frage nach der Größenordnung Ihrer Angabe: Welche Steigerung zum aktuellen Gehalt ist realistisch, ohne über das Ziel hinauszuschießen?
Das hängt ein Stück weit davon ab, ob Sie sich bei einem Großkonzern oder bei einem kleineren Mittelständler bewerben, und in welcher Region das Unternehmen angesiedelt ist. Man kann sich im Vorfeld zu diesem Thema einiges an Informationen beschaffen. Es gibt einschlägige Gehaltsstudien, beispielsweise vom VDI, der regelmäßig die Ingenieureinkommen veröffentlicht. Im Internet finden Sie weitere Quellen.
Im Kollegen-, Freundes- und Bekanntenkreis ist das Thema Salär ja oft ein No-go. Zumindest in Deutschland wird darüber nicht gesprochen, während es zum Beispiel in den USA ganz normal ist, sich gegenseitig nach dem Verdienst zu fragen.
Hier zwei konkrete Beispiele, wie Sie diese Frage im Bewerbungsanschreiben beantworten können:
„Mein aktuelles Jahresgehalt liegt bei EUR xy p. a. Darauf basierend würde ich gerne mit Ihnen in die Verhandlung treten.“ (Damit signalisieren Sie, dass Sie mit einer adäquaten Steigerung rechnen.)
„Als Einstiegsgehalt stelle ich mir EUR xy p. a. vor. Darüber und über weitere Paketbestandteile wie Altersvorsorge etc. würde ich mich sehr gerne mit Ihnen im persönlichen Gespräch austauschen.“
Wenn Sie sich vollkommen unsicher sind, wie die Größenverhältnisse bei einer konkreten Position aussehen könnten, lässt sich auch folgender Ausweg finden: „Über weitere Themen wie Gehalts- und Einstiegskonditionen würde ich mich gerne mit Ihnen im direkten Dialog austauschen.“
Im Gespräch selbst müssen Sie dann auch in der Regel nichts „verteidigen“, sondern sachlich und überzeugend argumentieren, wie sich Ihre Gehaltsvorstellung begründet.
Mein Tipp: Werden Sie so konkret wie möglich, ohne tiefzustapeln, ohne Selbstüberschätzung und ohne die Bodenhaftung zu verlieren.
Beispiel: „Sollte ich bei Ihnen starten, ist diese Position ja auch mit mehr und größerer Verantwortung verbunden. Ich denke, dass mein Gehaltswunsch diesbezüglich und auf Grund meiner Expertise und fachlichen Kompetenz gerechtfertigt ist.“
Oder: „Sie suchen einen kompetenten Experten mit mehrjähriger Erfahrung im Bahnbereich. Diese Anforderungen kann ich definitiv erfüllen. Ich denke mein Gehaltswunsch ist marktkonform und rechtfertige das über mein Knowhow und meine hohe Motivation.“
Ich bin selbst in vielen Vorstellungsgesprächen mit anwesend, und meistens läuft das reibungslos ab: Der Bewerber äußert sein Wunschgehalt und erläutert diese Angabe. Seitens des potentiellen Arbeitgebers gibt es dann zwei Szenarien: Entweder man nimmt Ihre Aussage zunächst einmal kommentarlos mit in die weiteren Überlegungen, oder die Firma legt Ihnen dar, innerhalb welcher Parameter sich ein mögliches Paket für Sie darstellen kann. Das ist meine bevorzugte Variante, denn dann wissen beide Seiten schon einmal in groben Zügen, worauf es hinausläuft und der weitere Bewerbungsprozess kann klar und transparent ausgesteuert und fortgeführt werden. Kommt es dann um Abschluss eines Arbeitsvertrages, muss nicht nochmals umständlich nachverhandelt und angepasst werden.
Bei allem Taktieren in punkto Gehalt dürfen wir nicht vergessen: Dieses Thema ist zwar ein wichtiger, aber dennoch nur ein Teilaspekt einer Bewerbung. Sobald man sich einmal kennengelernt hat, sind Punkte wie die berühmte „Chemie“, die Unternehmenskultur und der Spirit, den die Menschen ausstrahlen, die Aufgabe an sich und die Perspektiven in der Zukunft oft ausschlaggebender für eine positive oder negative Entscheidung.
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